Digitalisierung im Cash Management

Wie die Digitalisierung das Cash Management verändert

Die Corona-Pandemie hat zwei Dinge deutlich gemacht: Zum einen hat sie die Vorteile der Digitalisierung klar hervorgehoben, denn ohne diese wäre das Arbeiten im Homeoffice nicht möglich gewesen. Zum anderen hat sie aber auch die Notwendigkeit aufgezeigt, dass weiter am Ausbau der Digitalisierung gearbeitet werden muss. Dazu ein Beispiel aus dem Cash Management: Firmen, die immer noch vorwiegend auf papierhafte Prozesse setzten, hatten große Probleme, im Lockdown agieren zu können. Aus Kundensicht rückten daher wieder Themen wie firmeneigene Prozesse rund um interne Freigaben oder das Treasury in den Mittelpunkt. „Unternehmen mit gut funktionierender Liquiditätsplanung oder Finanzierungen haben hier klare Vorteile, mit der neuen und herausfordernden Situation umzugehen“, sagt Gerald Ertl, Cluster Lead, Digital Banking Solutions der Commerzbank. Aber auch andere Entwicklungen, wie die Bedrohung durch Cyber-Kriminelle, beeinflussen die Digitalisierung. Eine Bestandsaufnahme.

Gerald Ertl, Cluster Lead Digital Banking Solutions, Commerzbank

Gerald Ertl
Cluster Lead
Digital Banking Solutions

Frank-Oliver Wolf, Global Head of Sales Germany Transaction Banking, Commerzbank

Frank-Oliver Wolf
Global Head Germany
Trade Finance & Cash Management

Die Corona-Krise als Vergrößerungsglas

Als im Frühjahr 2020 der erste Lockdown kam, war keiner auf so eine Situation vorbereitet. Wo immer es möglich war, arbeiteten die Beschäftigten von einem Tag auf den anderen von zu Hause aus. Gewohnte Prozesse in Unternehmen mussten plötzlich unter ganz anderen Vorzeichen erfolgen. Was vor der Krise schnell mit einem Gang zum Kollegen ins Nachbarbüro erledigt werden konnte, musste jetzt digital geschehen. „Die Pandemie hat schnell gezeigt, dass viele Unternehmen noch nicht den Digitalisierungsgrad haben, der für den reibungslosen Ablauf von Geschäftsprozessen notwendig wäre“, sagt Ertl. Die Krise wirkte wie ein Vergrößerungsglas für digitale Defizite. Zwar gab es schon lange Bestrebungen, papierhafte Prozesse in Unternehmen abzuschaffen, aber erst Covid-19 dürfte den endgültigen Schub hin zur Digitalisierung gebracht haben. Frank-Oliver Wolf, Global Head Germany, Trade Finance & Cash Management der Commerzbank weiß aufgrund seiner Kontakte zu Firmenkunden, dass es bei einigen vor allem im Zahlungsverkehr noch Freigabekonzepte gab, die eine persönliche Anwesenheit erforderlich machten. Im Lockdown war das nur schwierig umzusetzen. Weitere neuralgische Punkte waren Themen wie Kontoeröffnung, Avalaufträge, Vollmachten- und Limitverwaltung.

Digitalisierung des Cash Managements ist unaufhaltbar

Viele Firmen reagierten im Lockdown jedoch schnell. Wolf: „Die Kunden haben ihre Prozesse überprüft und dort angepasst, wo Schwachstellen identifiziert wurden.“ Im Fokus war dabei vor allem die rechtsverbindliche und unterschriftslose Kommunikation mit den Banken, dort, wo möglich, auch mittels elektronischer Signatur (E-Signatur). Firmenkunden nutzten zudem verstärkt digitale Tools wie beispielsweise die Commerzbank-Anwendung Global Payment Plus oder die dazugehörende App, die ihre Vorteile durch die ortsunabhängige Nutzung, also auch im Homeoffice, ausspielen konnten. Und die Digitalisierung des Cash Managements wird unaufhaltbar weitergehen, da ist sich Gerald Ertl absolut sicher. „Die Kunden haben dabei ganz klare Erwartungen: Sie verlangen eine technische Lösung, die bei all ihren Banken gleichermaßen eingesetzt werden kann.“ „Denn nur so lassen sich auch auf Kundenseite entsprechende Potenziale für mehr Effizienz heben und Risiken konsequent managen“, ergänzt Frank-Oliver Wolf.

Instant Payment auf dem Weg zum New Normal

Weitreichende Folgen wird aus Sicht der Commerzbank-Experten die immer häufigere Nutzung von Echtzeitzahlungen, sogenannten Instant Payments, haben. „Die werden – sehr wahrscheinlich – zum New Normal“, betont Gerald Ertl. Deren Auswirkungen auf das Cash Management dürften durch die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) verschärft werden. „Es ist im Cash Management nicht mehr nur wichtig, genug Liquidität für die erforderlichen Zahlungen zu haben, sondern auch, die Bestände liquider Mittel so niedrig wie möglich zu halten, damit Negativzinsen oder Verwahrentgelte verhindert werden können. Da werden die Treasury-Abteilungen gezwungen sein umzudenken“, sagt Frank-Oliver Wolf. Allerdings haben Unternehmen wie Banken noch eine gewisse Atempause, denn Firmen beginnen erst jetzt, sich mit der aktiven Nutzung von Instant Payment zu beschäftigen.

Cyber-Kriminalität ist zugleich Treiber und Bedrohung der Digitalisierung

Keine Atempause gewähren hingegen die Kriminellen im Cyberspace. „Die Angriffe über das Internet sind für Unternehmen inzwischen leider zu einer fast täglichen Bedrohung geworden – auch weit über das Cash Management hinaus, wie man an Verschlüsselungstrojanern sieht“, so Frank-Oliver Wolf. Dadurch ist die Internetkriminalität sowohl eine Gefahr als auch ein Treiber der Digitalisierung. Die Commerzbank hat schon früh auf die Unterstützung ihrer Kunden bei diesem existenziell wichtigen Thema gesetzt. „Die Cash-Management-Spezialisten der Commerzbank bieten den Firmenkunden Schulungen, Checklisten, Einzelgespräche oder die Vermittlung von Fachleuten an“, sagt Wolf. Aus seiner Sicht stärken die Gefahren durch Cyber-Kriminelle insgesamt eher die digitale Transformation.

Transparenz, Sicherheit und Stabilität stehen im Fokus der Treasurer

Die Treiber und Gefahren für die Digitalisierung und damit auch für das Cash Management sind beschrieben. Aber wie sieht das digitale „Best-in-Class”-Cash Management aus? „Heutzutage muss es mehr leisten als nur die Abwicklung von Verbindlichkeiten und Forderungen“, sagt Wolf. Die Unternehmen schauten ebenfalls auf die neueste Technologie, um das Liquiditätsmanagement, die Optimierung von Cash-Positionen und Betriebskapital, die Bereitstellung präziser Cashflow-Prognosen und die Risikomitigation zu unterstützen. Einiges wird aber auch die Digitalisierung nicht ändern: „Transparenz, Sicherheit und Stabilität in der Abwicklung stehen immer noch im absoluten Fokus der Treasurer“, sagt der Vertriebsexperte. Durch die Digitalisierung wird die sichere Verbindung interner und externer Systeme immer wichtiger. Wolf: „Die Digitalisierung ist ein fortschreitender und firmenindividueller Prozess, der ständig überprüft und angepasst werden sollte.“ Denn Funktionalität stehe im Firmenkundengeschäft an vorderster Stelle. „Ideal für unsere Kunden sind Cash-Management-Produkte, die die Menge an Finanzinformationen und -transaktionen aggregieren und fokussiert für den Kunden zusammenstellen, damit er jederzeit und schnell einen Überblick über seine finanzielle Situation gewinnen kann. Zudem sind unterschiedliche In- und Output-Schnittstellen, die Unterstützung von Marktstandards, die leichte Bedienbarkeit und transparente Nutzerinformation sowie die Erzeugung von Reports für das Management wesentlich“, betont Gerald Ertl.

Wie Technologien das Cash Management beeinflussen

Neben dem New Normal Instant Payment werden weitere Technologien das Cash Management transformieren. So erwarten die Kunden, dass immer mehr Cash-Management-Funktionen auch mobil genutzt werden können. Ertl: „Das verbessert beispielsweise die Reaktionsfähigkeit von Entscheidern bei unerwarteten Anforderungen oder Problemen.“ Die Commerzbank bietet daher neben ihrem multibankfähigen Global Payment Plus-Tool (GPP) auch eine zusätzliche Cash Management App, mit der GPP-Nutzer beispielsweise Zahlungen mobil freigeben können. Ebenso wird der Druck zu mehr Digitalisierung durch spezialisierte Serviceprovider zunehmen. Um der immer stärker werdenden Marktpräsenz von bekannten Kreditkartenunternehmen auf der einen Seite und neuen Zahlungsdienstleistern auf der anderen Seite etwas entgegenzusetzen, wird zurzeit eine europäische Lösung für die Abwicklung von Zahlungen mittels Instant Payment und SEPA-Clearing entwickelt. Die Commerzbank gehörte 2020 zu den Gründungsmitgliedern der European Payment Initiative (EPI).

Zukunftstrend: Geldhäuser und Kunden noch enger vernetzen

Viele Veränderungen sind also bereits angestoßen – neue, noch unbekannte werden dazu kommen. „Aus unserer Sicht wird es künftig insbesondere um eine noch stärkere Vernetzung der Geldhäuser mit den Ökosystemen der Firmenkunden gehen“, betonen Gerald Ertl und Frank-Oliver Wolf. Dazu gehörten neben der Buchhaltung auch die Treasury-Systeme. Die Digitalisierung und das Cash Management werden also weiter eng miteinander verwoben sein, und die Geschwindigkeit der Veränderung wird weiter zunehmen. „Der Beratungsbedarf auch“, ergänzt Wolf.